Die Bonner Ägyptologie befindet sich im Zentrum der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn in unmittelbarer Nähe zum Rhein. Dabei wird der große und umfangreiche Bestand an Fachliteratur der Bibliothek des ägyptologischen Seminars ergänzt durch die Nähe zur Universitäts- und Landesbibliothek Bonn (ULB) sowie weiterer archäologischer und historischer Einrichtungen im Umkreis. Dazu gehören das Akademische Kunstmuseum (AKM), mit einer umfassenden Sammlung antiker sowie moderner Artefakte und das kulturgeschichtliche Landesmuseum (LVR) für Archäologie, Kunst und Kulturgeschichte. Integriert an die Bibliothek und den Arbeitsräumen der Ägyptologie befindet sich das Ägyptische Museum mit einer profunden Studiensammlung und wichtigen Exponaten vom Alten Reich bis zur Spätzeit. Herausragend zu nennen sind dabei unter anderem die beträchtliche Sammlung an Uschebti-Figuren, ein spätzeitlicher Sarg, die einzigartige Bonner Jagdschale und eine neuhinzugekommene spätzeitliche Statue eines hohen Beamten. Ein großer Teil der ausgestellten Objekte stammt von den Ausgrabungen bei der Felsengrabanlage Qubbet el-Hawa. Dabei gliedert sich die Herkunft der Ausstellungsstücke unter anderem in Schenkungen, Dauerleigaben, aber auch in Ausgrabungen von der Qubbet el-Hawa bei Elephantine. Darüber hinaus bilden die Forschungsergebnisse mehrerer Expeditionen, wie auf den Sinai nach Serabit el-Chadim und Rod el-Air die wesentliche Kernessenz vieler spannender Vorlesungen und Vorträge.
Das Fach der Ägyptologie kann in Bonn als eine Disziplin neben der klassischen Archäologie, der christlichen Archäologie sowie der Vor- und Frühgeschichte zunächst im Bachelor und später darauf aufbauend im Master studiert werden. Das Programm für Bachelor-Studenten besteht im Wesentlichen aus dem Erlernen der klassischen Sprache Mittelägyptisch, wobei die Studierenden durch fünf Semester an den Kursen Mittelägyptisch I – V teilnehmen und anschließend daran im sechsten Semester an Neuägyptisch I. Begleitend dazu gehört die Kursreihe Denkmälerkunde und Semiotik, bei der ein diachronischer Überblick über wichtige ägyptische Bauwerke und Einrichtungen vom Alten Reich bis zur Spätzeit in ebenfalls sechs Semestern vermittelt werden soll. Optional können parallel zu diesen Pflichtkursen weitere Angebote in Sprache, Archäologien und Kulturanthropologie belegt werden, die ebenfalls, nach Absprache mit den zuständigen Dozenten, den Leistungspunkten angerechnet werden können. Das Spektrum an antiken Sprachen umfasst dabei Akkadisch, Sumerisch, Hebräisch, Altgriechisch und Latein, die in den umliegenden Instituten für Philologie und Theologie angesiedelt sind. Anschließend an den Bachelor of Arts besteht die Möglichkeit das erlangte Fachwissen im Master weiter auszubauen, um die Grundlage zur Promotion zu schaffen, welche ebenfalls in der Ägyptologie Bonn erreicht werden kann. Im Master-Studiengang setzt sich der Student mit der Sprachestufe des Altägyptischen auseinander und belegt zusätzlich dazu die Sprachen Hieratisch, Koptisch, Ptolemäisch oder Demotisch. Dabei soll der Studiengang vor allem wegweisende Funktionen zur selbständigen, wissenschaftlichen Forschung erfüllen, sodass die darauffolgende berufliche Orientierung im selben Fach möglich wird. Besonders die archäologischen Fähigkeiten im philologischen und archäologischen Analyseverfahren und
Methoden sollen dabei vertieft werden. Die Studiengänge beginnen jeweils zum Wintersemester eines jeden Jahres, wobei jedoch durch diverse Vorkurse und Arbeitsgemeinschaften die Möglichkeit besteht, auch außerhalb des Semesters in der Ägyptologie tätig zu sein.
Neben einem vollen Programm für Studenten und Gastzuhörern, bietet das ägyptologische Seminar Bonn eine Fülle an Projekten, die spannende Ergebnisse zutage führen. So zum Beispiel zu Funden aus den Felsengräbern der Qubbet el-Hawa, welche die Reste einer ägyptischen Gusswerkstatt aus der Spätzeit (664–332 v.Chr.) darstellen. Dazu gehört unter anderen ein Artefakt, welches als Gussform einer Figurine zu identifizieren ist. Die Analyse dieser Gussform soll Aufschluss darüber geben, wie es im antiken Ägypten möglich war, einen vollkommenen Bronzeguss zu vollziehen ohne dabei die Figurine oder die Form zu beschädigen. Neben weiteren spannenden Projekten sei an dieser Stelle das Totenbuch-Projekt- Bonn als herausragender Forschungsgegenstand zu nennen, welcher bereits eine lange Tradition im Forschungsvorhaben der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste vorzuweisen hat. Dabei bietet die Edition des Altägyptischen Totenbuches vom Neuen Reich bis zur Römerzeit ein breites Spektrum analytischer Vorgehensweisen zur Erforschung einer der wichtigsten Quellen religiöser Literatur.
Die Bonner Ägyptologie wird durch eine Vielzahl wichtiger Persönlichkeiten geprägt, welche am selbigen Standort unverkennbar ihre Spuren hinterlassen haben. Darunter zählt Alfred Wiedemann, der 1883 in den Fächern Alten Geschichte und Ägyptologie in Bonn habilitierte und 1891 zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. Wiedemann etablierte die Ägyptologie fest in Bonn, nachdem ihm 1897 der Lehrstuhl für Ägyptologie übertragen wurde. Auf Wiedemann folgte 1928 der aus dem niederschlesischen Hirschberg stammende Hans Bonnet, welcher zunächst Wiedemanns Arbeiten erfolgreich fortsetzen konnte. Jedoch trug die Bonner Ägyptologie infolge der NS-Zeit sowie des 2. Weltkrieges schwere Verluste davon, wobei Hans Bonnet als einer der edelsten Menschen in der 1945 entstandenen Steindorff-Liste charakterisiert wurde, da er in der Reichspogromnacht 1938 seinen jüdischen Lehrer Georg Steindorf rettete, indem er ihm entgegen des Nazi-Regimes Schutz bat. Die Nachfolge des Lehrstuhl Bonnets trat 1955 Elmar Edel an. 2009 übernahm Prof. Dr. Ludwig D. Morenz den Lehrstuhl für Ägyptologie an der Universität Bonn.
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Abteilung für Ägyptologie
Institut für Archäologie und Kulturanthropologie
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